Der Salzpapst hat gesprochen!

Wir dokumentieren hier den Bericht der Grünen-Obfrau Sylvia Kotting-Uhl. Immer schön im Wechsel mit den anderen Parteienvertreter/innen der parlamentarischen Opposition im PUA Gorleben stellen wir Kurzberichte auf unsere Homepage.

Der Untersuchungsausschuss hörte am 30. Juni 2011 den von der Opposition als Zeugen geladenen Prof. Dr. Klaus Kühn.

Der Zeuge

Prof. Dr. Klaus Kühn, Jahrgang 1938, ist diplomierter Ingenieur der Fachrichtung Bergbau. Nach seinem Studium arbeitete er erst bei der Gesellschaft für Strahlenforschung (GSF, heute: Helmholtz Zentrum München) und wechselte 1968 zum neu gegründeten Institut für Tieflagerung (IfT) in Clausthal. Dort wurde er 1973 zum Leiter der wissenschaftlichen Abteilung benannt. Von 1984 bis zur Auflösung des IfT im Juli 1995 war er dann Leiter der Abteilung für Endlagertechnologie. Von 1987 bis zu seiner Pensionierung 2003 war er zudem Honorarprofessor an der TU Clausthal. Zusätzlich war er zwischen 1995 und 2006 wissenschaftlicher Berater der GSF für die Asse. Kühn ist langjähriges Mitglied der Kerntechnischen Gesellschaft (KTG) und seit 2005 auch Ehrenmitglied.

Gesamtbilanz

Kühn galt jahrzehntelang als der deutsche Experte für Endlagertechnologie. Er war nicht nur der für die Asse verantwortliche Wissenschaftler, sondern prägte auch die Auswahl- und Sicherheitskriterien für die Endlagerung hochradioaktiver Abfälle in Deutschland maßgeblich mit. In der heutigen Sitzung des Untersuchungsausschusses ist allerdings deutlich geworden, dass es Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Wissenschaftlers Kühn gibt. Fraglich ist, inwiefern Kühn die Kompetenz besaß, die Eignungskriterien für den Standort Gorleben zu benennen.

Auf Nachfrage der grünen Abgeordneten Dorothea Steiner bestätigte der Zeuge, dass die Entscheidung für Standort Gorleben 1977 allein durch die Niedersächsische Landesregierung zur Überraschung der Bundes-Fachleute getroffen worden sei. Damit ist seine Aussage ein erneuter Beleg dafür, dass es zuvor keine fachlich-wissenschaftliche Auswahl zum Standort Gorleben gab.

Salz, Salz und noch mal Salz!

Als sogenannter „Salzpapst“ setzte sich Kühn auch im Untersuchungsausschuss vehement dafür ein, dass Salz das ideale Wirtsgestein für die Einlagerung von radioaktivem Müll sei. Sein „Beweis“ sei das US-amerikanische Projekt „WIPP Site“, in dem militärischer Atommüll in Salz eingelagert worden ist. Das sei seit 1999 störungsfrei in Betrieb. Als die grüne Obfrau Sylvia Kotting-Uhl ihn darauf hinwies, dass dort lediglich schwach- und mittelradioaktiver Müll eingelagert sei und ihn fragte wie dieses Endlager dann der Beweis für die Tauglichkeit von Salz als Endlagermedium für hochradioaktiven Müll sein könne, war der „Beweis“ plötzlich nicht mehr die Lagerungsstätte selbst, sondern dort durchgeführte Forschungsprojekte . Diese „Methode Kühn“ zog sich durch die Befragung.

„Verantwortungsvolles“ Handeln in der Asse!

Trotz massiver Mängel und Gefahrenpotentiale in der Asse, die von Kühn selbst bereits 1976 in einem Artikel der Zeitschrift „atomwirtschaft“ benannt worden sind – darunter, dass „die Gefahr des Wassereinbruchs (GAU) nicht auszuschließen“ sei – bedauerte er im Ausschuss, dass er 1992 sein Projekt der „Versuchs“-Einlagerung von AVR-Brennelementekugeln in die Asse nicht mehr weiterführen konnte. Damit habe der Bund aus politischen Gründen die vorher aus seiner Sicht vorhandene deutsche „Spitzenstellung bei der Endlagerforschung“ aufgegeben. Seine Absicht, in ein nicht geeignetes Salzbergwerk weiter Atommüll einlagern zu wollen, stellt dabei allerdings nicht nur seine wissenschaftliche Expertise maßgeblich in Frage. Vor allem sein Bedauern, das Projekt der Einlagerung nicht weiterführen zu können, bestätigt die leichtfertige Handhabung des Wissenschaftlers Kühn im Umgang mit Sicherheit. Auf Nachfrage der Abgeordneten Kotting-Uhl, wie man in seinem Handeln Verantwortung erkennen solle, antwortete der Zeuge, dass die Verantwortung darin gelegen habe, die Versuche zu Ende zu führen. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass die Verantwortung nicht darin lag, die Biosphäre auf Dauer vor Radionukliden zu schützen! Auf die Frage, ob er sein Handeln heute noch als richtig empfinde, antwortete er mit: „Ja“. Auf die Frage, ob er das heute wieder so tun würde, antwortete er, dass er es vielleicht nicht machen würde. Auf die Frage, warum denn nicht, kam ein schlichtes: „Weil es heute nicht mehr möglich ist“. Dies lässt nur den Schluss zu: Prof. Dr. Klaus Kühn würde immer wieder so handeln wie damals – trotz aller bekannter Gefahren.

Sicherheitsrabatt für Gorleben!

Besonders fatal daran ist, dass genau dieser Wissenschaftler, der unverantwortlich mit atomarem Gefahrenpotential umgegangen ist und es auch heute noch tun würde, für die Benennung der Mindestanforderungen an den Endlagerstandort Gorleben herangezogen wurde. Der damalige Innenminister Gerhard Baum verwendete nämlich am 21. April 1980 seine „Kurzstudie zu drei Fragen der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages zur Endlagerung radioaktiver Abfälle“ in einem Schreiben an die Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg e. V. als Beweis dafür, dass bereits Eignungskriterien für Gorleben vorliegen würden. Kühn wirkte zudem in einer Vielzahl von Gremien, wie der RSK und der IAEO, an der Weiterentwicklung der von ihm selbst aufgestellten Kriterien mit. Was als Endlagerkriterien benannt wurde, war von dem Assepapst Kühn maßgeblich entwickelt worden!

nächster Sitzungstermin

Die nächste Sitzung des Untersuchungsausschusses findet in der kommenden Woche am 07. Juli 2011 statt, als Zeugen werden Dr. Joachim Hornke und Dr. Hans-Joachim Röhler gehört. Die Sitzung ist öffentlich, eine Anmeldung ist erforderlich.