Stiftungsprofessuren- Die Atomlobby unterwandert Universitäten

Deutsche Atomkonzerne finanzieren etwa 30 Professuren – und bestimmen damit maßgeblich, worüber an Universitäten diskutiert wird. Manche Institute wirkten schon wie getarnte Subunternehmen von Eon und RWE, kritisiert eine Abgeordnete der Grünen.

Auch Wissenschaftler strahlen für die Atomlobby.

Foto: dapd

Die vier größten deutschen Energiekonzerne finanzieren nach Informationen dieser Zeitung an Universitäten bundesweit rund 30 Stiftungsprofessuren. Die geförderten Universitäten sind zum Teil für Studien zur Debatte um die Kernenergie, den Atomausstieg und die Kosten erneuerbarer Energie bekannt. Die Konzerne haben sich bei der Finanzierung von Professuren weitgehend auf regionale Zuständigkeiten geeinigt. EnBW engagiert sich in Baden-Württemberg, Vattenfall in den neuen Bundesländern, RWE in Aachen und Eon in München.

Allein der Energiekonzern EnBW hält elf Stiftungsprofessuren an deutschen Hochschulen. Eon stiftete etwa für das Forschungsinstitut für Energie der Rheinisch-Westfällische Technische Hochschule (RWTH) Aachen die stolze Summe von 40 Millionen Euro und finanziert damit gleich fünf Professuren des Instituts. Einer davon ist Bruno Thomauske, Professor für das Fach „Nuklearer Brennstoffkreislauf“. Früher war er bei Vattenfall – heute liefert er entscheidende Gutachten für die Bundesregierung über das Atomendlager Gorleben.

Gesponsertes Institut schreibt Gutachten für Schwarz-Gelb

Bei einigen wichtigen Projekten fördern die Atomkonzerne aber auch gemeinsam: Eon, RWE, Vattenfall und RAG finanzieren etwa die Stiftungsprofessur des energiewirtschaftlichen Instituts der Universität Köln (EWI). Was das bedeutet, wurde im vergangenen Jahr deutlich, als das EWI zusammen mit anderen Instituten von der schwarz-gelben Bundesregierung den Auftrag erhielt, die Zukunft der deutschen Energieversorgung zu untersuchen – ein Gutachten von entscheidender Bedeutung.

Eon und RWE zahlten auf fünf Jahre verteilt jeweils vier Millionen Euro an die „Gesellschaft zur Förderung des EWI“, die das Institut trägt. Im Verwaltungsrat des Instituts stellten RWE und Eon jeweils eines von sieben Mitgliedern. Manager beider Unternehmen sitzen auch der Fördergesellschaft vor. Chef des Energiewirtschaftlichen Instituts ist Marc Oliver Bettzüge, der bis 2007 für das Beratungsunternehmen Boston Consulting Group (BCG) tätig war und dort vornehmlich das Top-Management europäischer Energiekonzerne beraten hat. „Bettzüge steht damit für einen gelungenen Brückenschlag zwischen Wissenschaft und Praxis“, so die Universität Köln bei seiner Ernennung zum Professor.

Gesucht: Professor für Endlagerung

Das sehen nicht alle so: „Das EWI sieht nach einem getarnten Subunternehmen von Eon und RWE aus“, sagt die Vizefraktionschefin der Grünen im Bundestag, Bärbel Höhn. „Die Bundesregierung braucht wohl ein abhängiges Institut, damit man die Atomkraft schönrechnen kann“, sagt Höhn. „Es ist gezielte Strategie, durch finanzierte Wissenschaft und scheinbar unabhängige Personen und Institutionen Stimmung zu machen.“ Mit der Finanzierung von über 30 Stiftungsprofessuren versuchten die Energieversorger die öffentliche Debatte zu beeinflussen.

Ein weiteres Beispiel sei die halbstaatliche Deutsche Energieagentur (Dena) mit ihrem Vorsitzenden Stefan Kohler. „Die Dena lebt entscheidend vom Geld der Energiekonzerne und ist beliebte Abspielstation für Eon und RWE“, kritisiert Höhn. So habe die Dena drastisch steigende Kosten durch höhere Strompreise nach dem Atomausstieg prophezeit. Die Dena gab auf Anfrage zu den Vorwürfen am Dienstag keine Stellungnahme ab. Man habe es auch deshalb verstärkt mit verdeckten PR Aktivitäten und Meinungsmache zu tun, weil die Atomkonzerne kaum noch als glaubwürdig wahrgenommen würden, sagte Höhn.

Zumindest die Uni Clausthal-Zellerfeld hat kein Problem, sich durch die Gesellschaft für Nuklear-Service unterstützen zu lassen. Das Geschäftsfeld der Gesellschaft: Entsorgung für radioaktiven Abfall. Das Thema der Stiftungsprofessur: Endlagerung.

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