„Zeugenschutzprogramm“ für Angela Merkel
Zur Vernehmung des Zeugen Gerald Hennenhöfer im 1. Untersuchungsausschuss “Gorleben” erklärt die SPD-Obfrau Ute Vogt:
Wenn man über die Causa Gorleben spricht, fällt zwangsläufig früher oder später der Name Gerald Hennenhöfer. Eine schillernde Persönlichkeit: BMU-Abteilungsleiter unter Kohl-Merkel, dann EON-Manager, dann wieder BMU-Abteilungsleiter unter Merkel-Röttgen-Altmaier.
Vor dem Gorleben-Untersuchungsausschuss gab er den harmlosen und verantwortungsbewussten Beamten. Es gibt allerdings eine Diskrepanz zwischen seiner Aussage und der Aktenlage. Hennenhöfer war kein Kon-sens-Vermittler, sondern der Chef-Verwalter der deutschen Atomlobby in zwei schwarz-gelben Bundesregierungen. Ein Beleg dafür ist ein von ihm verfasstes Strategiepapier vom März 1995. Ein Moratorium für Gorle-ben oder gar alternative Standortsuche – wie von der SPD gefordert – werden darin zurückgewiesen. Das Papier diente nur dazu die Interessen der Atomindustrie zu wahren. Dieses Atompolitische Manifest wurde Ministerin Merkel vorgelegt.
Hennenhöfer war von 1994 bis 1998 Merkels Erfüllungsgehilfe. Die dama-lige Umweltministerin hatte nach eigener Aussage „als Physikerin eine ra-tionales Verhältnis zur Kernenergie“. Das spürte Hennenhöfer sofort. Fort-an wurden die beiden ziemlich beste Atomfreunde. Die Aussage des Zeugen Hennenhöfer war sozusagen das „Zeugenschutzprogramm“ für die nächste Zeugin (am 27. September 2012): Dr. Angela Merkel.
Ein weiteres Beispiel für die perfekte Zusammenarbeit der beiden: Ende der 1990er Jahre haben Merkel-Hennenhöfer getrickst: Der Salzstock Gorleben wurde aufgrund ihrer Anordnung nur in eine Richtung erkundet, weil dem Bund die Rechte zur vollständigen Erkundung fehlten und bis heute fehlen. Diese Änderung des Erkundungskonzepts entsprach weder damals noch heute dem internationalen Stand von Wissenschaft und Technik. An kritische Stimmen aus seinem eigenen Haus oder den nachgelagerten Behörden konnte sich der BMU-Abteilungsabteilungsleiter angeblich nicht erinnern.
Der Impuls für die Konzeptänderung waren Gespräche zwischen der Bun-desregierung und den Energie-Versorgungsunternehmen (EVU). Die Atomindustrie drängte in diesen Gesprächen massiv auf „Kostenoptimierungen“ beim geplanten Endlager Gorleben. Ansonsten drohten sie mit einem „Moratorium“. Das wollten Merkel-Hennenhöfer keinesfalls. Die Physikerin und der Jurist überrollten sämtliche Wissenschaftler und Fachleute in ihren Behörden. Die „billigere“ Konzeptänderung musste her – und zwar schnell: Nur vier Wochen nach dem ersten Gespräch zwischen den EVUs und der Bundesregierung meldet die BfS Vollzug: Der Präsident des Amtes schreibt an Ministerin Merkel, dass die neue „Vorgehensweise“ zu einer Kosteneinsparung von 365 Mio DM führe –für die Atomindustrie.