Pressemitteilung der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg e.V.
Demonstrant sollte für das Missgeschick eines Polizisten zahlen, das er gar nicht verursacht hat
Weil sich ein Beamter beim hektischen Versuch der Personalien-Feststellung nach einer Aktion verletzte, sollte ein Demonstrant jetzt über 15.121,72 € Heilkosten zahlen. Dabei lag dieser am Boden und hat sich völlig passiv verhalten. AKW-Gegner sehen darin einen indirekten Angriff auf die Versammlungsfreiheit und fordern vom Land, die Klage zurück zu nehmen. Die Berufungsverhandlung fand vor dem OLG Celle statt. Und hurra: der Atom-Kraftgegner wird nicht zur Kasse gebeten!
Unter landesweiten Protesten wurden im November 2012 Plutonium-MOX- Brennelemente aus dem britischen Sellafield via Nordenham ins Niedersächsische AKW Grohnde transportiert. Kurz bevor der Transport das AKW erreichte, versammelten sich spontan mehrere Demonstranten, um ihn zu blockieren, einer von ihnen kettete sich mit einem Rohr unter dem LKW fest. Er wurde von der Polizei vom LKW gelöst, schmerzhaft von der Straße entfernt und unsanft über eine Leitplanke geworfen. Der Betroffene rollte eine Böschung hinunter und blieb dort – die Hände noch immer in dem Rohr gefesselt – benommen liegen. Ohne ihm die Chance zu geben, sich selber aufzurichten, versuchte ein Beamter ihn hoch zu zerren, um die Personalien festzustellen. Weil der Beamte sich hierbei eine „Ruptur des Discus des linken Handgelenkes“ zugezogen habe, verlangt das Land Niedersachsen von dem Betroffenen 15.121,72 € für Heilkosten u.a.
Das Landgericht Hannover gab dem Land am 2.Februar 2016 überraschend recht und verwies darauf, dass auch ein Flüchtender für die Folgen seiner Flucht aufkommen müsse.
Aus dem Wendland beteiligten sich Anti-Atom-Aktivsten in großer Zahl an den Aktionen gegen den MOX-Transport, unter anderem startete die Bäuerliche Notgemeinschaft mit ihren Traktoren nach Grohnde.
Absurd sei diese Argumentation, kommentiert nun die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) die Rechtsauslegung des Landgerichts, zumal in diesem Fall sogar ein Nichtflüchtender für das Missgeschick des Beamten zahlen solle.
BI-Sprecher Wolfgang Ehmke: „Hier ging es nicht um juristische Verrenkungen und Brechungen, hier hatte sich ein Polizist im Dienst ohne das Zutun anderer das Handgelenk verrenkt und gebrochen.“
Rechtsanwalt Nickel aus Bielefeld, der für den Betroffenen Berufung beim OLG Celle eingelegt hat, sagt: „Das allgemeine Einsatzrisiko eines Polizeibeamten darf nicht auf einzelne Teilnehmende einer Demonstration abgewälzt werden“. Sein Mandant sei nicht geflüchtet, sondern habe wehrlos am Boden gelegen. Abseits der Straße habe es auch keine Risikosituation oder besondere Eile gegeben, die Personalien festzustellen. Wenn der Beamte sich verletzt habe, dann doch nicht aufgrund der Protest-Versammlung, sondern weil er sich bei einer normalen dienstlichen Maßnahme übereilt und ungeschickt verhalten habe.
Wolfgang Ehmke, Pressesprecher, 0170 510 56 06
Rückfragen:
- Rechtsanwalt Sebastian Nickel, 0521 – 3932200
- Peter Dickel, 0174 – 3576821
Nachtrag aus gegebenen Anlass, Quelle:
https://linksunten.indymedia.org/de/node/196351 Am Abend des 7.11. versammelte sich spontan eine kleine Gruppe von ca. 10 Atomkraftgegner_innen am Bahnhof Leitstade, um an den 12. Todestag des französischen AntiAtomAktivisten zu erinnern. Nach einem kurzem Schienenspaziergang auf der Castorstrecke wurden Kerzen auf einer alten Ankettvorichtung aufgestellt. Der dort liegende Betonblock wurde 2003 entdeckt, ausgegraben und neben das Gleis gesetzt, bevor er zur Anwendung kam. Mit Transparenten und einem Strohfeuer wurde anschließend symbolisch das Gleis blockiert. Die Aktion dauerte ungefähr eine Stunde.
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