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„… als wenn die Welt untergeht“

„Auch beim Kuchenbacken in der Küche geht eben immer eine Kleinigkeit wie beispielsweise Backpulver daneben“

Angela Merkel 26. März 1995

Nur wenige Wochen vor dem ersten Castor-Transport nach Gorleben, der dann am 25. April startete, besuchte Angela Merkel das Wendland. Als Umweltministerin verhöhnte sie die Ängste und Sorgen der Menschen, die sich gegen die Inbetriebnahme des Transportbehälterlagers in Gorleben stemmten. Es werde so getan, „als wenn die Welt untergeht.“

Und zu den Schwierigkeiten bei der Beladung des Behälters fiel ihr jene viel zitierte Küchenweisheit ein, dass beim Kuchenbacken auch mal was daneben geht.

Auf dem Gelände des AKW Philippsburg stand schon seit Juli 2014 der 2,3 Millionen Mark teure Behälter vom Typ Castor II a (Castor steht für „Cask for Storage and Transport of Radioactive Material“). Die Abfahrt nach Gorleben verzögerte sich, denn gleich zu Beginn der Beladung wurden etwa 180 Gramm Nickelspäne im Behälterschacht entdeckt, zuvor hatte es Probleme mit der Trocknung des Innenraums gegeben. Doch dann kam es dicke. Wolfgang Blum spottete in der Wochenzeitschrift „Zeit“ (49/1994):

„Nachdem die Techniker den 120 Tonnen schweren Behälter im Brennelementebecken mit seiner heißen Fracht bestückt hatten, wollten sie den inneren der beiden Deckel aufsetzen. Doch dieser „Primärdeckel“, der bei richtigem Sitz ein Stück in den Schacht hineinragt, verkantete sich. Das Personal hob ihn wieder ab und entdeckte eine kaputte Elastomerdichtung.“

Die Verzögerung setzte sich über den Sommer, Herbst und Winter fort: Das Widerstandsdorf Castornix wurde errichtet, der niedersächsische Innenminister Gerhard Glogowski entwickelte sein Talent, im gegebenen Moment nicht genügend Polizeibeamte zusammentrommeln zu können (Sommerferien, Hannover Messe…) und schließlich gab es noch einmal einen gerichtlichen Aufschub im Herbst, eine letzte Atempause vor der „Inbetriebnahme Gorlebens“.

Zurück zum Kreisparteitag der CDU im Gildehaus Lüchow, zu dem die heutige Bundeskanzlerin damals per Helikopter eingeflogen wurde, damit sie von aufgebrachten Bürger*innen und Traktoren nicht aufgehalten werden konnte. „Gorleben spielt eine zentrale Rolle. Mit ihr ist die Zukunft der Kernenergie verbunden,“ ließ sie verlauten. Auch gebe es keinen Grund, im Erkundungsbergwerk aufzuhören, die bisherige Erkundung habe keinen Hinweis geliefert, dass der Salzstock ungeeignet sei.

Die Zukunft der „Kernenergie“ in Deutschland ist Geschichte. Der weitere Ausbau des Bergwerks als Endlager noch nicht. Allerdings wird der Salzstock Gorleben, in dem unter Tage übrigens kein Atommüll eingelagert wurde, jetzt mit anderen Standorten verglichen. Erstmalig im Herbst 2020 wird sich zeigen, ob dann das Gesundreden des Projekts, in dem nicht nur Merkel eine Meisterschaft hatte, oder ob die geologischen Bedenken den Ausschlag und Ausschluss von der weiteren Endlagersuche geben.

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Wolfgang Ehmke

Wolfgang ist langjähriger Pressesprecher der BI.