Pressemitteilung der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg e.V.

Über die Endlagersuche reden – BUND Niedersachsen diskutiert mit Bürger*innen und Expert*innen

Mehr als 17.000 Tonnen hoch radioaktiver Abfälle wurden bislang in Deutschland produziert, ohne dass es eine Perspektive für eine sichere Lagerung gibt. Sie lagern vielerorts unter unzureichenden Bedingungen. Wohin mit Deutschlands Atommüll? Wie kann der weitere Begleitprozess gestaltet werden, um eine stärkere Partizipation der Bürger*innen zu ermöglichen? Rund 100 Vertreter*innen der Zivilgesellschaft und Fachleute diskutieren heute darüber aus der niedersächsischen Perspektive bei einer Online-Veranstaltung, zu der der BUND eingeladen hat.

Heiner Baumgarten, Landesvorsitzender BUND Niedersachsen: „Die Suche nach einem möglichst sicheren Endlager für hochradioaktiven Atommüll ist ein jahrzehntelanger, hochkomplexer Prozess. Der BUND fordert nicht nur, dass das Auswahlverfahren auf der Grundlage von wissenschaftlich begründeten Kriterien erfolgt, sondern auch für jede*n nachvollziehbar ist. Fehlende Transparenz und Beteiligung führen zu Misstrauen. In Niedersachsen sind Vorbehalte in der Bevölkerung gegen behördliche Entscheidungen in der Endlagerfrage verständlicherweise groß. Vor dem Hintergrund der früheren politisch motivierten Entscheidung für Gorleben als Endlager ist eine kritische Überprüfung aller vorgeschlagenen Teilgebiete notwendig. Zugleich darf bei diesem Suchprozess nicht übersehen werden, dass es auch noch kein geeignetes Lager für die schwach- und mittelradioaktiven Stoffe gibt. Mit dieser Veranstaltung möchte der BUND dazu beitragen, dass Bürger*innen das Standortauswahlverfahren sowie den Begleitprozess nachvollziehen und sich wirksam und kritisch einbringen können.“

Seit 2017 befasst sich die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) mit der Endlagersuche und hat im vergangenen Jahr einen Zwischenbericht vorgelegt, in dem sogenannte Teilgebiete für mögliche Standorte benannt werden. Aufgrund des häufigen Vorkommens von Salz- und Tongesteinen liegen viele dieser Gebiete in Niedersachsen, sodass ein Großteil der Landesfläche betroffen ist. Das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) hat im Auftrag des Niedersächsischen Umweltministeriums eine erste Bewertung des Zwischenberichts vorgenommen und bringt die geowissenschaftliche Expertise des Landes in den Auswahlprozess ein.

Das Land Niedersachsen nimmt im Begleitprozess zur Endlagersuche eine zentrale Rolle ein und will über die Fachkonferenzen Teilgebiete der BGE hinaus eine Partizipation der Bürger*innen sicherstellen. Dazu Olaf Lies, Niedersachsens Minister für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz: „Das Land versteht sich als Anwalt der Bürger*innen in Niedersachsen und begleitet den gesamten Auswahlprozess kritisch-konstruktiv. Wir achten darauf, dass dieser Prozess so abläuft, wie er im Gesetz vorgeschrieben ist: transparent, partizipativ, wissensbasiert und lernend. Darüber hinaus überprüft das Land die Arbeit der für die Endlagersuche verantwortlichen Bundesbehörde und bezieht Stellung. Für mich ist aber ein Punkt ganz entscheidend: Die Bürger*innen sollen in die Lage versetzt werden, sich ein Urteil zu bilden, mitzureden, mitzugestalten. Darum bieten wir als Land regelmäßig Informationen an und stellen Expertise zur Verfügung. Außerdem unterstützen wir betroffene niedersächsische Teilgebiete finanziell, damit die Kommunen ihrerseits Gutachten in Auftrag geben oder Informationsveranstaltungen anbieten können. Denn: Wir brauchen eine bestmögliche öffentliche Beteiligung, um am Ende einen Standort zu haben, der von größtmöglicher Zustimmung getragen wird.“

Gemeinsam mit weiteren Vertreter*innen der Zivilgesellschaft erörtert der BUND heute, welche Erwartungen aus Bürger*innensicht bestehen. Wolfgang Ehmke, Sprecher der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg e.V., betont: „Der Gorleben-Konflikt hat gezeigt, wie zentral die Expertise der Zivilgesellschaft bei der Endlagersuche ist: als Korrektiv für Fehlentscheidungen, als Gegengewicht zu Parteien- und Länderegoismen. Und auch in wissenschaftlicher Hinsicht wurde einiges beigesteuert. Das neue, vorgeblich lernende Verfahren muss allerdings noch gelernt werden.“

Hintergrund:

Die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) wurde beauftragt, ein geeignetes Endlager zu finden, in dem hochradioaktive Abfälle für Hunderttausende Jahre verbleiben können. Am 28. September 2020 wurden die Ergebnisse in einem ersten Zwischenbericht veröffentlicht. Bis dahin hat das Auswahlverfahren unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefunden. Der BUND kritisiert, dass bislang weder die versprochene Öffentlichkeitsbeteiligung noch ein breiter gesellschaftlicher Diskurs verwirklicht wurden. Die Fachkonferenz Teilgebiete, in der sich von Oktober 2020 bis Juni 2021 Betroffene und Umweltverbände zum Verfahren äußern konnten, erfüllt nicht die Anforderung an eine ernst gemeinte Öffentlichkeitsbeteiligung.

Das Niedersächsische Umweltministerium hat im Sommer 2020 das Begleitforum Endlagersuche als Plattform für Repräsentant*innen von gesellschaftlichen Gruppen ins Leben gerufen.

Weitere Informationen: www.bund-niedersachsen.de/atom

Kontakt:

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