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„Das Atom sei Arbeiter- nicht Soldat!“- Atomkraft forever?

Heute um 17:30 Uhr „Preview“ (Vorab-Vorstellung) des Films „Atomkraft forever“ im Kino „Alte Brennerei“ in der Rosenstraße in Lüchow mit anschließender Diskussion mit dem Regisseur Carsten Rau, freier Mitarbeiter des NDR und zusammen mit Hauke Wendler mehrfach ausgezeichneter Filmemacher der Hamburger Produktionsfirma Pier 53. Eingeladen hatte die grüne Bundestagsabgeordnete Julia Verlinden, wobei sich ihre Einladung explizit an die Anti-Atom-Bewegung richtete. Die Bürgerinitiative Umweltschutz (BI) nutzte die Einladung auch gleich, um für die Kampagne „#Konrad_gameover“ zu werben, die Elisabeth Hafner-Reckers, Lia Jahrens und Wolfgang Ehmke vom BI-Vorstand am Eingang vorstellten.

Meine Bewertung: guter und unbedingt empfehlenswerter Film; die dokumentarischen Anteile über den Rückbau des DDR- Atomkomplexes Greifswald- Lubmin, sowie auch über die atomfreundlichen Anwohner des bayrischen AKW-Gundremmingen sind atmosphärisch besonders dicht und wertvoll. Aus einer der geschickt eingeschnittenen Rückblenden aus der DDR-Atom-Propaganda stammt der Ausspruch: „das Atom sei Arbeiter, nicht Soldat!“ Dabei erinnerte ich mich, dass ich ausgerechnet in dem Moment eines Maimorgen 1963 in Hamburg geboren wurde, als der Vorsitzende der US-amerikanischen Atomenergiekommission, Glenn Seaborg, und der Vorsitzende der Staatskommission des sowjetischen Ministerrats für die Nutzung der Atomenergie, Andronik Petrosyants, ein Memorandum über die zukünftige Zusammenarbeit bei der „friedlichen Nutzung der Atomenergie“ in Moskau unterzeichneten. Nur mittels der Erfindung der sogenannten „friedlichen Nutzung“ vermochten die beiden Großmächte nämlich damals Länder wie Japan, Indien, Südkorea oder die Ostblockstaaten in ihre imperialen geopolitischen Strategien mit einzubinden. Wer seinerzeit die Stationierung von atomaren Mittelstreckenraketen auf seine Territorium akzeptierte, bekam prompt das Wohlstands-Versprechen der „friedlichen Kernkraft“ von seiner Hegemonialmacht.

Hier setzt auch meine Kritik an dem Film an. Der Film transportiert meines Erachtens nämlich, ohne dies allerdings zu wollen, einige verbreitete Mythen oder räumt zumindest nicht konsequent mit ihnen auf. In seiner Gesamtaussage ist der Film zweifellos atomkritisch gemeint und vermittelt dies auch ausreichend. Bei der Dokumentation der atom-enthusiastischen Haltung in Frankreich versäumt er es aber, den notwendigen Bezug zur Nuklearmacht Frankreich herzustellen. Allerdings problematisiert der Autor damit ganz richtig, dass von 27 EU-Staaten 13 trotz des deutschen Ausstiegs weiter Atomkraftwerke betreiben oder sogar ausbauen. Weil an dieser Stelle im Film aber nur die Atom-Befürworter zu Wort kommen, vermitteln diese auch den Mythos vom Atom als Klimaretter. Ich verweise hier argumentativ auf die Kampagne „don’t nuke the climate!“ und eine Gesamtbilanz, die neben Uranabbau und -aufbereitung auch Bau und Rückbau der Atomkraftwerke und die Zwischen- und Endlagerung in den Blick nimmt.

Neu und auch hochaktuell ist die Problematisierung der gegenwärtigen Endlagersuche in diesem Film, zu der neben dem Geschäftsführer der Bundesgesellschaft für Endlagerung auch Jochen Stay von der Hamburger Anti-Atom-Initiative .ausgestrahlt oder Sprecher des BUND und der BI zu Wort kommen. Damit wird das eigentliche Anliegen des Filmes deutlich, nämlich anschaulich aufzuzeigen, welche gigantische Aufgabe mit dem Rückbau der Atomkraftwerke, der Endlagersuche und der Verwahrung der ungeheuren Mengen Atommüll auf die Generation Klimakatastophe (und folgende…) zukommt.

Atomkraft also mitnichten als Option, um Probleme zu lösen, sondern als schier unlösbares Problem.

Mein Prädikat: besonders wertvoll!

  • Der Film kommt ab September in die Kinos. Der Trailer gibt schon mal einen kleinen Vorgeschmack. Eine Beschreibung des Filminhalts findet sich hier.
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Martin Donat

Martin ist Vorsitzender der BI.