Hilfe, alles nur Theater? – Das Schauspielhaus Hannover wird zum Anti-AKW-Theater
Die rote Sonne eines „Atomkraft? Nein Danke!“-Aufklebers leuchtet noch nicht von der Fassade des hannoverschen Schauspielhauses. Aber das kann ja noch kommen. Das Schauspiel Hannover, das sich unter seinem neuen Intendanten Lars-Ole Walburg seit einem Jahr spürbar um eine politische Positionierung bemüht, wird zum Anti-Atomkraft-Theater.
Gerade ist im Schauspielhausfoyer eine Fotoausstellung von Lisa-Maria Wuttke zu sehen, deren Bilder unlängst im Kreishaus Lüchow ausgestellt wurden. Ihre Motive: atomare Lagerstätten. Am Sonntag vor dem Tschernobyl-Jahrestag war die Autorin Swetlana Alexijewitsch dort zu Gast. Sie hat mit betroffenen Menschen über die Folgen der Explosion des Reaktors gesprochen. Anlässlich des Jahrestags der Katastrophe wurde am Sonntag von 18 bis 24 Uhr eine Dauerlesung veranstaltet, an der das gesamte Ensemble teilnahm. Um 20 Uhr berichtete Swetlana Alexijewitsch über die derzeitige Situation in der Ukraine und in Weißrussland.
An die Spitze der Anti-AKW-Bewegung wird sich das Schauspiel Hannover zu Beginn der kommenden Spielzeit stellen. Dann soll die „Freie Republik Wendland“ auf dem Ballhofplatz reaktiviert werden. Konzipiert vom Dramaturgen-Team findet dort vom 18. bis 26. September ein „soziotheatrales Experiment“ statt. Anlässlich des 30-jährigen Bestehens der „Freien Republik Wendland“ soll es ein „Reenactment“ des damaligen Protestdorfs geben. Mit 100 Teilnehmern wird das Ereignis auf dem Ballhof nachgestellt. Im Spielzeitheft kündigt man das Ereignis dann auch im Tonfall eines Flugblatts an: „Wir laden alle ein, gemeinsam eine eigene Hüttenstadt zu bauen. Aus Holz, Pappe und Stroh soll mit eurer Hilfe in zehn Tagen am Ballhof ein Staat nach euren und unseren Vorstellungen entstehen – ein Camp, in dem wir gemeinsam bauen, schlafen und reden.“ Das dürfte zur Belebung des manchmal recht tristen Ballhofs beitragen; weiterer Vorteil: eine polizeiliche Räumung wie damals in Gorleben ist nicht zu befürchten. Stromlieferant des Schauspiels Hannover ist weiterhin enercity. Das Unternehmen bietet auch den Tarif „Naturstrom & Option“ an, bei dem man mit etwa dreiprozentigem Aufschlag seine Elektrizität atomstromfrei halten kann. Im Schauspiel denkt man schon über einen entsprechenden Wechsel nach – und auch über die Installation von Solarzellen auf den Theaterdächern. Einfacher wäre der Anbieterwechsel zu Greenpeace-Energy oder den Stromrebellen aus Schönau.