Pressemitteilung der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg e.V.

Gorleben-Rückbau beginnt – 2 Mrd. Euro ins Salz gesetzt

Nach Monaten der Ungewissheit ist nun klar: Am 29. November beginnt der Rückbau des Erkundungsbergwerks Gorleben, das rund ein Kilometer entfernt, im Wald aufgehaldete Salz – rd. 400.000 Kubikmeter – wird zur Verfüllung von Strecken, Hohlräumen und am Ende der Schächte sukzessive wieder unter Tage verbracht.

Die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) hatte massiv darauf gedrungen, dass der Rückbau noch vor den Bundestagswahlen begonnen wird, um zu verhindern, dass noch einmal um Gorleben gepokert werden könnte.Die Kosten für den Aus- und Rückbau belaufen sich auf rd. 2 Mrd. Euro. „Diese Kosten und die politischen Verwerfungen hätte man sich sparen können“, so BI-Sprecher Wolfgang Ehmke, „die Gorleben-Befürworter in Politik und Behörden wurden jedoch niemals für dieses Desaster zur Verantwortung gezogen.“

Schon 1983 hatte die damals federführende Behörde, die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB), empfohlen, neben dem Salzstock Gorleben-Rambow auch andere Standorte zu untersuchen. Die PTB hatte die Tiefbohrergebnisse ausgewertet, die u.a. den Wasserkontakt belegten. PTB 1983 1. Fassung Doch das neue Regierungskabinett unter Helmut Kohl (CDU) hielt trotzdem an Gorleben fest, man brauchte „Fortschritte bei der Erkundung“ des Salzstocks als „Entsorgungsnachweis“ für den Bau und Betrieb von Atomkraftwerken.

Am 17. März 1986 begannen die Abteufarbeiten von Schacht Gorleben I im Tiefkälte-Gefrierverfahren und damit offiziell der Bau des „Erkundungsbergwerks“. „Warnungen der Kritiker wie zum Beispiel des Quartärgeologen Klaus Duphorn wurden ignoriert. Stattdessen wurde die „Eignungshöffigkeit“ des Salzstocks postuliert und noch in den 1990er Jahren, nachdem die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) eine Salzstudie vorlegte, attestierte die damalige Bundesministerin Angela Merkel (CDU) dem Salzstock die besten Eignungsqualitäten. Bizarr, denn der Salzstock Gorleben-Rambow war von der BGR gar nicht betrachtet worden,“ erinnert die BI.

(Merkel-Mitschnitt)

Die offizielle Erzählung, in Gorleben würde der Salzstock lediglich „erkundet“, konnte sehr früh als Lüge enttarnt werden. Im Juli 1980 wurde ein Hamburger Geologieprofessor in einem Intercity-Zug Zeuge eines Gesprächs, bei dem Vertreter der PTB, des niedersächsischen Sozialministeriums und der Deutschen Gesellschaft für Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoffen (DWK) über Wege diskutierten, wie unter Umgehung von Rechtsvorschriften ein Probeschacht im Gorlebener Salzstock bereits so breit angelegt werden könnte, dass er später als Zugang zu einem Endlager dienen könne. Dr. Werner Heintz, Abteilungsleiter der PTB, gab später seine Teilnahme an diesem Gespräch zu.

Die letztlich erfolgreiche Auseinandersetzung um das Endlagerbergwerk hatte einen hohen Preis. Zu beklagen waren bei einem Schachtunfall 1987 ein toter und fünf schwerverletzte Bergleute.

Immer wieder war die von hohen Mauern mit Nato-Draht und Wasserwerfern umgebene Schachtanlage Ziel von Aktionen. Wiederholt wurde das Bergwerksgelände besetzt. Spektakulär war eine Bohrturmbesetzung am 21. Juni 1990, dem Tag der ersten Rot-Grünen Regierung in Niedersachsen.

Die 14 Aktivist:innen aus dem Wendland forderten damals die unverzügliche Umsetzung der zwischen SPD und Grünen vereinbarten Pläne zum Ausstieg aus der Atomenergie. Horrende Schadensersatzforderungen gegen die Aktivist:innen waren die Folge.

Ehmke: „Es wäre falsch, an dieser Stelle einfach einen Schlussstrich zu setzen. Angesichts der wachsenden politischen Kräfte, die sich weiterhin für die Hochrisikotechnologie Atomkraft stark machen, brauchen wir eine verstetigte Erinnerungskultur. So sollte unbedingt das Graffiti geschmückte Mauerteil vor Ort erhalten bleiben, für dessen Verbleib wir uns erfolgreich eingesetzt haben, und zwar als „Mahnmal für industriepolitische Fehlentwicklung des letzten Jahrhunderts“. Die Atomkraft ging dank des zivilgesellschaftlichen Engagements, der Müll bleibt.“

Wolfgang Ehmke, BI-Pressesprecher, 0170 510 56 06

Foto: Gorleben Archiv

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