Fasslager Gorleben

Atomanlagen Gorleben: Fasslager

Atomanlagen Gorleben: Fasslager

Auf dem Betriebsgelände der einstigen Gesellschaft für Nuklearservice (GNS) in Gorleben gibt es neben der Castor-Halle und der Pilot-Konditionierungsanlage eine weitere Halle, in der schwach- und mittelradioaktive Abfälle aus dem Betrieb der Atomkraftwerke und anderer Nuklearanlagen zwischengelagert werden. Deren offizieller Name lautet Abfalllager Gorleben (AL-G). Betreiberin der Anlage  ist seit 1.8.2017 die neue Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ).

Zur Aufbewahrung der zuvor meist in GNS-Einrichtungen konditionierten Abfälle dient diese ca. 4.500 m² große und ca. 5 m hohe Lagerhalle. Ihre Kapazität beträgt 15.000 Kubikmeter.

Die Abfälle sind in unterschiedliche Gebinde wie z.B. Container aus Stahl, Guss oder Beton eingeschlossen. Sie werden im Lager, das aus sechs Lagerkammern besteht, übereinander gestapelt. Zuletzt haben Farbabplatzungen und Feuchte im Lager zu Nachfragen geführt. Dabei wurde deutlich, dass eine Sichtkontrolle der Fässer nur stark eingeschränkt möglich ist.

Betriebsbeginn: 08. Oktober 1984

Fassungsvermögen: 15.000 Kubikmeter

Mit Stand vom 18.01.2019 werden im ALG folgende Gebinde zwischengelagert:

1.136   Gussbehälter

471    Betonbehälter

505   Stahlblechcontainer

75  Fässer

Rest der 1.309 auszulagernden Fässer, die neu konditioniert werden müssen: 346

Summe: 2.533 Abfallgebinde.

Einlagerungen

Die Einlagerung von schwach- und mittelaktivem Müll in Fassgebinden begann 1984.

1984: Erster Probe-Fass-Transport bleibt stecken
Blamiert hatte sich die GNS schon beim ersten Probe-Fass-Transport im Jahr 1984. Der konnte nicht in die Zwischenlagerhalle einfahren, weil die Toreinfahrt 30 Zentimeter zu niedrig war. Gegenüber der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg bestätigten die Verantwortlichen: “Das war eine unglückliche Fehlplanung.”

08.10.1984: Tag X, erster Atommülltransport in das AL-G, andauernde Proteste und Barrikaden von Atomkraftgegnern auf den Straßen. Unter den Fässern waren auch falsch deklarierte und illegal verschobene Fässer („Hanauer Uranskandal“). Nach der ersten Einlagerung brach der Hallenboden an einigen Stellen auf, es dauerte fast ein Jahr, bis der Estrich erneuert war, die Fässer wurden in der Halle hin- und hergeschoben.

Ende der 80er: Transnuklearskandal
Ende der 80er Jahre wurden Fässer mit ungeklärtem Inhalt aus der belgischen Atomschmiede Mol entdeckt ("Transnuklearskandal"). 1.296 Gebinde mussten wegen Drucks der atomkritischen Öffentlichkeit aus Gorleben wieder entfernt werden. Analyseergebnisse von Fasseinzeluntersuchungen wurde nur bruchstückhaft in der Öffentlichkeit bekannt gegeben.
Entdeckt wurden darüber hinaus Korrosionsschäden und "Blähfässer" (Gasentwicklung). Messberichte der GNS belegten z.B. einen Anstieg der Radioaktivität bei sommerlichen Außentemperaturen, was die Gasbildung “anheizt”. Auf Druck der Fachgruppe Radioaktivität der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg musste das Umgebungsüberwachungssystem der GNS nachgebessert werden.

14.09.2005: Im AL-G wurde bei der Annahme von Behältern aus dem AKW Krümmel festgestellt, dass bei fünf von acht Behältern Kontaminationsgrenzwerte für die Beförderung radioaktiver Stoffe auf der Straße überschritten wurden.

Ende 1995 wurde genehmigt, das zulässige Radioaktivitätsinventar des Lagers um das 1000-Fache zu erhöhen. Hintergrund ist die Absicht, bitumierte radioaktive Abfälle aus der französischen WAA Cap de la Hague und mittelaktive Komponenten in Gorleben einzulagern.

Auslagerungskampagne: Fässer ins Endlagerung Morsleben
Im Zuge einer “Auslagerungskampagne” wurden etliche Fässer aus dem Zwischenlager Gorleben in das Atommüllendlager Morsleben (ERAM) verbracht. 1998 wurde das Endlager aber geschlossen – heute lagert im ehemaligen zentralen Atommüllendlager der DDR überwiegend radioaktiver Abfall aus westdeutschen Atomanlagen. Die GNS konnte "unliebsamen" Müll loswerden. Das Fasslager war schon zu 53 Prozent ausgelastet, 15 Prozent der Abfälle, zum Beispiel Rollfässer, die in dieser Form nicht in den Schacht Konrad eingelagert werden dürften, wurden dort abgeliefert.

Die Zahl der Atomtransporte ins Fasslager schwankte in den letzten Jahren stark.

Rostige Fässer machen Schlagzeilen

1.152 Gebinde, die ursprünglich im ERAM (Morsleben) versenkt werden sollten, mussten neu konditioniert werden. Sie wurden in Duisburg konditioniert, ob sie zurück nach Gorleben transportiert werden, ließ die GNS offen. Bei der Transportvorbereitung wurden im April 2016 inzwischen 8 Rostfässer entdeckt. Ingesamt waren rd. 10 Prozent aller Fässer schadhaft.

Völlig unklar ist, ob der Rost in Verbindung mit der Feuchte in der Halle stand oder ob Flüssigabfälle in den Fässern steckten. Der niedersächsische Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne) plädiert für ein bundesweites Atommüllregister. Die BI Umweltschutz fordert eine Einzelfassuntersuchung. Die Auflage, wegen der Feuchte im Lager Maßnahmen zu ergreifen und ein internes Überwachungssystem zu errichten, wies die GNS zurück und zog vor Gericht. Offen ist jetzt, ob die bundeseigene Gesellschaft die Auflagen der Atomaufsicht in Hannover voll erfüllen wird. Eine Umsetzung von Maßnahmen zur Überwachung und Reduzierung der Luftfeuchte soll 2019 erfolgen.

Text: Wolfgang Ehmke, Februar 2019